Preisdumping stoppen: Wie Entwickler souverän Preise verhandeln und erhöhen

Viele Soloentwickler und kleine Teams rutschen unbewusst in Preisdumping – nicht am Markt, sondern im eigenen Geschäft. Der Einstieg ist oft harmlos: Ein fertiges Angebot liegt vor, der Kunde findet es “etwas teuer” – und schon gibst du nach. Damit beginnt die Abwärtsspirale. Wer aber ständig Zugeständnisse macht, konditioniert Kunden auf Nachlässe und entwertet die eigene Expertise. Es lohnt sich, hier klare Leitplanken zu setzen und eine professionelle, ruhige Verhandlungshaltung zu trainieren.
Das eigentliche Problem: Am Preis schrauben statt am Umfang
Sagst du reflexartig ja zur Reduktion des Preises, signalisierst du Verhandelbarkeit, schwächst deine Position und verlierst den Blick auf die wachsende Projektkomplexität entlang der Reise von 6 bis 12 Monaten. Besser: Wenn am Preis etwas passieren soll, dann nur über den Umfang. Frage ruhig und klar: “Was lassen wir weg?” Dann schweigen. Das Schweigen zwingt zur Priorisierung und zeigt, dass du das Projekt als System aus Zielen, Ressourcen und Risiken betrachtest – nicht als bloßen Zahlendreher.
Angebote richtig aufsetzen: Aufnahme, Priorisierung, Klarheit
- Führe vor Angebotserstellung eine vollständige inhaltliche Aufnahme durch: Was ist wichtig, was ist am wichtigsten. Wiederhole die Liste, prüfe, ob etwas fehlt. Durch diesen Double-Check vermeidest du versteckte Annahmen und baust eine belastbare Grundlage für Aufwandsschätzungen.
- Priorisiere die Anforderungen gemeinsam. Das schützt dich später, weil du im Zweifel zuerst das Wichtigste lieferst und Hintenstehenden leichter kürzen kannst. Zusätzlich entsteht Transparenz, warum einzelne Features mehr Budget oder Zeit benötigen.
- Dokumentiere diese Prioritäten im Angebot. Das ist spätere Projekt-Doku und Gesprächsleitfaden zugleich. So kannst du bei Änderungswünschen jederzeit sauber auf die vereinbarten Ziele und Annahmen zurückverweisen.
Angebot immer persönlich durchgehen
Sende nicht nur eine PDF. Erkläre deinem Gegenüber das Angebot in einem Gespräch. So vermeidest du, dass dein Angebot mit einem inhaltlich anderen, vermeintlich günstigeren Vorschlag verglichen wird – Äpfel-Birnen-Effekt. Im persönlichen Durchgang kannst du Risiken, Abhängigkeiten und Alternativen erläutern und Missverständnisse früh beseitigen. Nutze dazu eine kurze Agenda und, wenn möglich, ein gemeinsames Bildschirm-Review.
In der Verhandlung: Locker, klar, konsequent
- Humor entspannt: “Wir können die Nullen auch farbig ausmalen.” Danach aber verbindlich werden. Ein kurzer Lacher nimmt Spannung aus dem Raum, die anschließende Klarheit gibt dir Führung zurück.
- Formulierungsvorschlag: “Das ist mein bester Preis auf Basis Ihrer Anforderungen. Wenn wir reduzieren, sprechen wir darüber, was wir weglassen.” Danach schweigen. Die Stille gibt deinem Gegenüber Raum, Prioritäten zu benennen, statt reflexhaft weiter am Preis zu rütteln.
- Frage statt Rechtfertigung: “Was ist Ihnen wichtiger – ein funktionierendes Produkt oder jetzt an der falschen Stelle sparen?” So verlegst du das Gespräch vom Preis auf den Nutzen und beschleunigst echte Entscheidungen.
Warum am Umfang drehen sinnvoll ist
Software ist Architektur. Fehlende Bausteine kippen Stabilität, Qualität und Usability. An IT pauschal zu sparen führt später zu Mehrkosten durch Fixes, schlechte Nutzererfahrung und Demotivation auf beiden Seiten. Umfangssteuerung schützt die Qualität, reduziert technischen Schuldenaufbau und hält die Roadmap lieferfähig.
Pakete statt Stundensatz – wo möglich
Wenn es zum Projekt passt, biete Paketpreise an. Das lenkt die Diskussion weg vom Stundensatz und hin zum Ergebnis. Für Mehrarbeit definierst du im Angebot klare Konditionen zu zusätzlichen Stunden. Pakete schaffen Klarheit über Scope, erleichtern Vergleiche und setzen einen sinnvollen Anker für den wahrgenommenen Wert.
Preiserhöhungen professionell durchsetzen
- Regelmäßig informieren: Schicke deinen Bestandskunden einmal jährlich – etwa im März – eine aktualisierte Preisliste mit kurzem, freundlichem Anschreiben und optionaler Idee oder News aus deiner Arbeit. Das reaktiviert außerdem inaktive Kunden. Der feste Rhythmus normalisiert Anpassungen und verhindert Überraschungen.
- Argumentationsanker: Inflation, gestiegene Marktpreise, gewachsene Fähigkeiten, neue Qualifikationen. Kurz, sachlich, souverän. Verknüpfe nach Möglichkeit mit konkreten Verbesserungen in deinem Angebot, z. B. schnelleren Durchlaufzeiten oder neuen Services.
- Im Angebot transparent: Hinweistext zum aktuellen Stundensatz und zur Anpassung. Keine Rechtfertigung, sondern Information. So signalisierst du Professionalität und beugst späteren Diskussionen über “alte Preise” vor.
Fragetechnik als Führung
Wer fragt, führt. Stelle viele, gezielte Fragen – auch wenn dein Gegenüber abwinkt. Ziel ist, das beste Angebot zu bauen und spätere Überraschungen zu vermeiden. Entwickle dafür Fragenkataloge je Projekttyp und lerne aus vergangenen Projekten. Gute Leitfragen machen implizite Erwartungen sichtbar und verhindern, dass du im Nachgang unbezahlt Lücken füllst.
Budget ansprechen
Frage früh nach dem Budgetrahmen. Falls der Kunde zögert, sichere zu, dass du das Paket an den Nutzen ausrichtest. So vermeidest du Unterdeckung und spätere Diskussionen. Alternativ kannst du Optionen in unterschiedlichen Budgetstufen vorschlagen und damit Entscheidungssicherheit schaffen.
Fazit
Souveräne Preisgestaltung beginnt lange vor der Zahl am Ende des Angebots. Wer sauber aufnimmt, priorisiert, persönlich erklärt und in der Verhandlung konsequent am Leistungsumfang statt am Preis dreht, schützt Marge, Qualität und Kundenbeziehung – heute und bei jeder Erweiterung. So wirst du vom Lieferanten zum strategischen Partner und schaffst die Basis für planbares, profitables Wachstum.
FAQ
Wie reagiere ich auf “zu teuer”?
Mit Ruhe. Bestätige den Wert, erinnere an die priorisierten Punkte und frage: “Was können wir weglassen, um in Ihren Rahmen zu kommen?” Dann schweigen. Biete im Anschluss optional zwei sinnvolle Alternativen an, damit der nächste Schritt leicht fällt.
Soll ich dem ersten Nachlass zustimmen?
Nein. Jeder spontane Rabatt beschädigt dein Standing und setzt einen Anker für zukünftige Verhandlungen. Drehe am Umfang, nicht am Preis. Wenn du ausnahmsweise entgegenkommen willst, verknüpfe es immer mit einer Gegenleistung, zum Beispiel verkürzter Zahlungsziel oder eingeschränktem Support.
Wie verhindere ich Äpfel-Birnen-Vergleiche?
Gehe das Angebot persönlich durch und erkläre Annahmen, Prioritäten und Abhängigkeiten. So wird klar, was wirklich enthalten ist. Bitte dein Gegenüber außerdem, Vergleichsangebote ebenfalls auf Scope und Risiken zu prüfen, nicht nur auf die Endsumme.
Stundensatz oder Paket?
Wenn möglich, Paket. Für unklare Mehrarbeit definiere im Angebot Zusatzstunden zu klaren Konditionen. Das hält die Tür für iterative Erweiterungen offen, ohne in Endlosverhandlungen über Minuten zu geraten.
Wie kommuniziere ich Preiserhöhungen bei Bestandskunden?
Mit jährlicher Preisliste, kurzen Gründen wie Inflation und Kompetenzzuwachs und einem freundlichen Anschreiben. Souverän, nicht defensiv. Kündige an, ab wann die neuen Preise gelten, und biete Bestandskunden ggf. eine Übergangsfrist an.
Wie gehe ich mit “Nennen Sie Ihr Budget nicht”?
Frage nach Muss-Kriterien und Prioritäten. Erkläre, dass fehlende Infos später teurer werden können – und dokumentiere das. Alternativ kannst du eine Budgetspanne vorschlagen und daran drei Paketvarianten ausrichten.
Wie bleibe ich in der Verhandlung ruhig?
Nutze Humor, dann klare Sprache und Stille. Das nimmt Druck, hält die Führung und bringt echte Einwände ans Licht. Bereite dir ein paar kurze Kernbotschaften vor, auf die du immer wieder zurückkannst.
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