Bin ich Hochsensibel?


Im heutigen Artikel geht es darum: Was bedeutet Hochsensibilität eigentlich? Welche Merkmale zeigen hochsensible Persönlichkeiten? Und, wie kannst du selbst herausfinden, ob auch du zu dieser Personengruppe gehörst?

Was ist Hochsensibilität überhaupt?

Hochsensibilität oder auch Hypersensibilität bezeichnet ist ein Persönlichkeitsmerkmal. Das ist durch eine intensivere Wahrnehmung von Reizen gekennzeichnet, also sowohl von negativen Reizen wie zum Beispiel Lärm oder Schmerzen genauso wie von positiven, also wie bei schöner Musik oder gutem Essen. Hochsensibilität kann also sowohl eine schnelle Reizüberflutung als auch große Empathie und ein genussvolles Erleben bedeuten. Es handelt sich dabei nicht um eine Störung oder Krankheit. Genauer gesagt handelt es sich um eine höhere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsmerkmales der Sensitivität. Also der Empfindsamkeit gegenüber inneren und äußeren Reizen. Vielleicht kennst du das auch von dir selber oder von anderen, Hast schon mal gehört, sei doch nicht so empfindlich, oder warum reagierst du denn so extrem auf diese Geräusche oder so etwas in der Art?


Dieses hohe Empfindungsvermögen wird von Hochsensiblen oft als störend wahrgenommen, bzw. sie werden darauf von außen quasi aufmerksam gemacht. Dann ist ihnen auf einmal alles zu laut oder der Film ist zu traurig und der Pullover ist zu kratzig. Gerade bei diesem Beispiel muss ich immer wieder an Situationen denken, wo ich mal so ein Etikett des Pullovers im Nacken hatte. Dann merke ich ganz schnell, ob mir der gut tut, also ob ich den gut anhaben kann oder nicht. Und selbst wenn ich jetzt darüber schreibe, muss ich mir quasi in den Nacken greifen und habe wieder dieses störende Gefühl. Auch hier merkt man wieder, dass bei hochsensiblen Persönlichkeiten oder auch abgekürzt HSP genannt, dass das bei dem einen so ausgeprägt ist und bei dem anderen anders. Und auch da gibt es im Wesentlichen fünf verschiedene Formen der Hochsensibilität. Und da geht es immer um das Empfindungsvermögen, also psychomotorische Empfindungsvermögen, also alles, was mit Bewegung zu tun hat, sensorisches Empfindungsvermögen.


Also Tasten, Anfassen, Haptik, intellektuell, also intellektuelles Empfindungsvermögen. Da geht es um die Aufnahmefähigkeit, Denken, Verarbeitung, das Ganze kognitive, imaginäres Empfindungsvermögen. Daran werden häufig Kinder als hochsensibel definiert, weil sie sich sehr gut in die Vorstellungskraft hineinversetzen und somit Dinge oder Situationen vorstellen können und auch das emotionale Empfindungsvermögen. Da fallen viele Hochsensible mit ihrer großen Empathie zum Beispiel auf. Auf das oder die speziellen Empfindungsvermögen gehe ich gerne mal in einem anderen Artikel ein. Heute möchte ich mich aber eher auf die generellen Merkmale von Hochsensibel beziehen und wie du vielleicht auch erkennen kannst, ob du selbst hochsensibel bist oder Menschen in deiner Umgebung danach identifizieren kannst. Aktuellen Forschungen zufolge sind etwa 15 bis 20 % aller Menschen hochsensibel, also beinahe jeder fünfte. Wow. Warum ist das Thema dann immer noch so schambehaftet? Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich dir sagen es ist nicht immer leicht, so viel zu fühlen oder wahrzunehmen. Oft war es für mich eine große Herausforderung, meine Gedanken und Gefühle in die richtigen Worte zu fassen. Ich habe mich oft missverstanden gefühlt.


Andere konnten meine Gedankensprünge nicht nachvollziehen und mir wurde dann gesagt Sei doch nicht so empfindlich oder ständig heulst du. Warum bist du denn immer so angegriffen oder stell dich nicht so an. Wie zum Beispiel in Bezug auf das Tragen von bestimmter Kleidung, die mir einfach eine Enge vermittelt hat, oder dieses kratzende Etikett. Vielleicht kennst du das ja auch oder kannst das unangenehme Gefühl mit diesem Etikett im Nacken nachvollziehen. Ich brauche quasi nur drüber reden, wie ich gerade schon sagte und daran denken und schon ist das Gefühl wieder da. Ich erinnere mich an eine Situation aus meiner Kindheit. Wenn ich die heute betrachte, ist es total logisch für mich, dass diese Hochsensibilität auch da schon begonnen hat. Und zwar geht es um gekochte Frühstückseier. Ich habe als kleines Kind anfangs Frühstückseier geliebt und zwar musste das Weiße hart sein und das Gelbe vom Ei weich. Als ich verstanden habe, dass aus diesem Ei Küken entstehen, konnte ich das Gelbe vom Ei nicht mehr essen. Mir wurde schlecht, ich wurde traurig und ich hatte das Gefühl, ich habe einem Tier die Möglichkeit des Lebens oder Überlebens genommen.


Da habe ich natürlich nicht so drüber nachgedacht. Aber ich habe mit den Tieren mitgefühlt. Für meine Eltern war es unverständlich. Ihre Aussage war nur: Jetzt iss doch dein Ei. Die mochtest Du doch sonst so gerne. Heute sage ich rückblickend ganz klar: hochsensibel. Das war damals aber noch nicht so bekannt. Erst als ich dann meinet Hochsensibilität auf die Spur gekommen bin, erst als ich anerkannte, was das denn ist und womit ich es da zu tun habe, wurde es dann für mich leichter. Ich selbst fand meinen Zugang zu dieser Hochsensibilität über Elaine Aron und ihre Bücher und ihre Aussagen. Eines ihrer Zitate hat mich wirklich bewegt, denn sie hat gesagt: „Hochsensibilität ist weder eine Störung noch ein Grund zur Prahlerei. Es ist ein Vermögenswert, den wir schützen und nutzen müssen.“ Das hat mich tief berührt und vor allem sehr bestärkt. Ich bin okay so wie ich bin. Ich bin nicht zu viel. Ich verarbeite Informationen einfach anders. Und damit möchte ich einfach mal auf die nächste Stufe gehen. Und zwar auf die vier Merkmale der hochsensible Menschen.


Und was diese anbelangt, die wurden von Elaine Aron auch identifiziert und sie hat sie wie folgt beschrieben. Also das erste Merkmal, woran du erkennen kannst, dass jemand hochsensibel ist, ist die Tiefe der Informationsverarbeitung. Hochsensible Menschen verarbeiten alle Arten von Informationen tiefer als nicht hochsensible. Also egal, ob wir jetzt über Reize, die von außen kommen, sprechen oder auch Signale aus der eigenen Psyche, also aus dem eigenen Empfinden. Man könnte auch sagen Menschen, die hochsensibel sind, machen sich mehr Gedanken. Sie gehen den Dingen eher auf den Grund und sie sehen dann schnell Zusammenhänge. Der nächste Punkt ist die Erregbarkeit. Also wenn die Sinnesreize quasi berührt werden, nehmen HSP diese intensiver wahr und verarbeiten sie tiefer. Und sie können sich dann auch leichter Dinge vorstellen oder imaginieren. Und das kann zur Folge haben, dass diese vielen intensiven Eindrücke, die sie dann verarbeiten müssen, zu einer völligen Überlastung führen. Es wird irgendwie alles zu viel und die Person gerät in diesen Zustand der Überreizung oder Übereregbarkeit. Bei mir ist das z. B. So, wenn ich einen vollen Tag hatte und viele Termine, viele Gespräche oder viel erlebt und ich komme nach Hause, dann brauche ich wirklich Zeit zum Runterkommen.


Ich kann mich nicht einfach ins Bett legen und schlafen. Bei mir kreisen 1000 Gedanken durch den Kopf und das ist auch diese Vorstufe, von der ich gerade geschrieben hatte, diese tiefe Informationsverarbeitung, also das Deep Processing. Wenn ich dann einen Tee trinke, das sacken lasse, mich irgendwie entspanne bei einem Glas Wein, einer Tasse Tee oder irgendwie noch ein bisschen was im Fernsehen gucke oder lese, dann kann ich das langsam verarbeiten und dann merke ich okay, jetzt werde ich müde. Jetzt kann ich ins Bett gehen. Aber vorher würde es einfach nichts bringen. Der nächste Punkt ist die emotionale Intensität. Hochsensible Menschen spüren Dinge einfach irgendwie intensiver. Das kann man ganz schwer beschreiben. Aber man kann sich das so vorstellen, dass eine Emotion viel tiefer geht und dadurch auch viel länger anhält. Sie klingt viel länger nach. Dadurch kann man zum Beispiel auch Gefühle, die positiv sind, wie zum Beispiel Verliebtsein oder die absolute Freude ganz anders wahrnehmen. Das kann für den Hochsensiblen selber auch zu viel werden. Das ist dann in gewissen Situationen überfordernd.


Aber der andere Vorteil von dieser emotionalen Intensität ist, dass sich Hochsensible sehr gut in andere Menschen hineinversetzen können. Also das Mitgefühl von Hochsensiblen gegenüber ihrem Gegenüber ist viel tiefer. Sie können wirklich da einsteigen, das imaginieren und spüren dann genau das Gleiche, was Ihr Gegenüber spürt. Und beim nächsten Punkt sagen wir die sensorische Empfindsamkeit. Ich hatte es schon kurz angedeutet, betrifft die Haptik, also alles, was man anfasst, was man spürt, ist für Menschen mit Hochsensibilität ein bisschen anders. Sie verarbeiten diese Sinneseindrücke anders, sie nehmen diese Reize schneller und intensiver wahr. Das heißt, wenn eine Oberfläche rau ist, zum Beispiel von einem Tisch, oder die sich nicht gut anfühlt, da könnte ich mich nicht lange dransetzen, dann kann ich mich nicht konzentrieren. Geräusche kommen einem manchmal lauter vor. Das hängt aber auch mit der Übererregbarkeit zusammen. Also wie viele Reize habe ich diesen Tag schon aufgenommen? Wenn ich total gestresst bin, dann kommt mir jemand, der gerade eine rohe Möhre ist, sehr, sehr laut vor.


Dann kann ich das im Hintergrund nicht ausblenden. Dann könnte ich Krawahn werden. Durch die Überreizung kommt mir das Geräusch dann wesentlich lauter vor als anderen, die das eventuell ausblenden können. Das Gleiche gilt für grelles Licht oder ungewohnte Geräusche. Diese erscheinen dann einfach greller oder lauter. Also auf jeden Fall immer irgendwie intensiver. So viel zu den vier Merkmalen. Wie findest du jetzt selber heraus, ob du zu den HSP, also zu den hochsensiblen Persönlichkeiten zählst oder nicht? Als erste Idee, wenn du dich in den Merkmalen, die ich oben benannt habe oder in meinen Erzählungen wieder findest, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass du zu den HSP gehörst. An dieser Stelle möchte ich dir auch eine Literaturempfehlungen geben. Das Buch von Elaine Aaron „Sind Sie hochsensibel?“ Hat mich weiter unterstützt in der Forschung zu diesem Thema und hat auch Ideen gebracht, wie ich damit umgehe.

Zusammengefasst: Beinahe jeder fünfte Mensch ist hochsensibel und vielleicht wird uns damit bewusster, dass das eben nicht einfach nur so unter der Oberfläche schwelt, sondern dass es sehr, sehr viele von uns betrifft. Dass wir vielleicht ein bisschen sensibler mit diesen Menschen umgehen und da ein bisschen mehr in den Austausch gehen und das akzeptieren.
Hochsensibilität ist keine Prahlerei, sondern es ist ein Persönlichkeitsmerkmal. Es gibt verschiedenste Ausprägungen. Also jeder HSP ist auch noch anders. Und zum Erkennen eines HSP helfen die vier Merkmale: Tiefe der Informationsverarbeitung, die Übererregbarkeit, emotionale Intensität und die sensorische Empfindsamkeit. Wenn du dich jetzt immer noch fragst, ob du selbst hochsensibel bist, dann folge gerne diesem Link. Hier habe ich einen Test für Dich vorbereitet: Bin ich hochsensibel? Beantworte die Fragen und anhand dessen kannst Du besser einschätzen, ob du wirklich hochsensibel bist. Vielleicht kommt dir ja auch jemand anderes in den Sinn, auf den einige oder alle Merkmale zutreffen. Dann freue ich mich, wenn du diesen Artikel mit der Person teilst.

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